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Merkblatt zur Aufnahme für jüdische Zuwanderer

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Merkblatt zum Aufnahmeverfahren für jüdische Zuwanderinnen
und Zuwanderer


Sehr geehrte Antragstellerinnen und Antragsteller,

Sie möchten als jüdische Zuwanderende in die Bundesrepublik Deutschland aufgenommen werden. Mit diesem Merkblatt informieren wir Sie über alle Modalitäten des Aufnahmeverfahrens.
Sie erhalten im folgenden Informationen zu den Grundlagen und zum Ablauf des Aufnahmeverfahrens sowie zu den Antragsformularen, die von Ihnen ausgefüllt werden müssen.

Sollten Sie weitere Fragen haben, können Sie sich jederzeit an die Kolleginnen und Kollegen
in den Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland wenden. Sie erteilen Ihnen
Auskunft und beraten Sie zu Ihrem Antragsverfahren.

A. Allgemeine Informationen und Hintergründe


Seit Ende der achtziger Jahre kommen jüdische Zuwandernde aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland. Die Aufnahme ist seit 1991 in einem Verfahren geregelt,
für das in der Vergangenheit die deutschen Bundesländer zuständig waren.

Mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 01. Januar 2005 haben die Bundesländer
Bedarf für eine umfassende Neuregelung dieses Verfahrens gesehen. Auf der Sitzung der Innenministerkonferenz vom 23./24. Juni 2005 und durch Umlaufbeschluss vom 18. November
2005 haben sie sich auf Eckpunkte für diese Neuregelung verständigt. Unter anderem wurde festgelegt, dass zukünftig das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Verfahren durchführen
soll.

Die weitere Vorbereitung, Begleitung und Überprüfung des neuen Verfahrens wurde einem Beirat
übertragen. Mitglieder dieses Beirates sind, unter Vorsitz des Bundesministeriums des Innern,
Vertreterinnen und Vertretern des Auswärtigen Amtes, des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge, der deutschen Bundesländer, des Zentralrates der Juden in Deutschland und der
Union der Progressiven Juden.

Am 24. Mai 2007 wurde dem Bundesamt die Durchführung des neugeregelten Aufnahmeverfahrens vom Bundesministerium des Innern gemäß den §§ 23 Abs. 2 und 75 Nr. 8 des Aufenthaltsgesetzes übertragen. Dabei regelt eine Anordnung zur Umsetzung des Aufnahmeverfahrens für jüdische Zuwanderer die Durchführung im Detail.

B. Das Aufnahmeverfahren für jüdische Zuwanderer


I. Aufnahmevoraussetzungen

Die Aufnahme als jüdische Zuwandernde in der Bundesrepublik Deutschland ist an bestimmte
Voraussetzungen gebunden. Das Bundesamt kann Ihrem Antrag in der Regel nur entsprechen, wenn:

1. Sie Staatsangehörige/r eines Nachfolgestaates der ehemaligen Sowjetunion sind mit
Ausnahme der baltischen Staaten oder als staatenlose Person mindestens seit 01. Januar 2005 dort Ihren Wohnsitz haben
(durch den Beitritt Estlands, Lettlands und Litauens am 01. Mai 2004 zur Europäischen
Union, besteht für jüdische Staatsangehörige aus diesen Staaten seither nicht mehr die
Möglichkeit zur Aufnahme im geregelten Verfahren)
2. Sie jüdischer Nationalität sind bzw. von mindestens einem jüdischen Eltern- oder Großeltern-
teil abstammen
3. Sie Deutschkenntnisse nachweisen können, die mindestens der Niveaustufe A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GERR) entsprechen
4. Sie dauerhaft selbst für Ihren Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland sorgen können und
5. sich nicht zu einer anderen als der jüdischen Religionsgemeinschaft bekennen sowie
6. der Nachweis zur Aufnahmemöglichkeit in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet erbracht wird.

Erläuterungen zu einzelnen Aufnahmevoraussetzungen:

Nr. 3 – Deutschkenntnisse
Deutschkenntnisse sind nach der Neuregelung des Verfahrens Voraussetzung für Ihre Aufnahme
in die Bundesrepublik Deutschland. Sie sollten bereits vor Ihrer Ausreise über einfache Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen. Um diese einfachen Kenntnisse nachzuweisen, benötigen Sie ein Sprachzertifikat mindestens der Niveaustufe A1 nach dem GERR.
Ausnahme: Soweit der Erwerb oder die Zertifizierung der deutschen Sprachkenntnisse infolge
von besonderen und durch das Auswärtige Amt bestätigten regionalen Gegebenheiten auf absehbare Dauer unmöglich ist, wird von dem Erfordernis zum Zeitpunkt der Antragstellung
zunächst abgesehen und für den Fall einer Aufnahmezusage eine Auflage erteilt, die Sprachkenntnisse innerhalb von zwölf Monaten nach Einreise in Deutschland nachzuweisen.

Sofern Sie über eine Ausbildung als Deutschlehrer oder -lehrerin oder Dolmetscher oder Dolmetscherin verfügen, können Sie alternativ auch Ihr Examenszeugnis von einer staatlich anerkannten Universität eines Nachfolgestaates der ehemaligen Sowjetunion vorlegen. Sollten Sie an einer deutschen Universität studieren, gilt die Immatrikulationsbescheinigung ebenfalls als Sprachnachweis.

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich auf den vom Europarat entwickelten
GERR als Standard verständigt, um vergleichbare Kriterien des Fremdsprachenerwerbs in Europa
zu gewährleisten. Er gibt Sprachniveaus vor, an denen man den Sprachkenntnisstand einer Person
objektiv einschätzen kann. Die Niveaustufe A1 entspricht dabei sehr einfachen Kenntnissen,
während C2 nahezu muttersprachliche Kenntnisse voraussetzt. Dazwischen liegen weitere Abstufungen (A2, B1, B2 und C1).

Nur eigens dafür zugelassenen Lehreinrichtungen ist es erlaubt, Sprachzertifikate nach
dem GERR auszustellen. Um ein solches Zertifikat zu bekommen, müssen Sie zunächst bei einer
dieser Lehreinrichtungen, einen entsprechenden Sprachtest erfolgreich absolvieren.

Sollten Sie nicht bereits über einfache Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Niveau A1 verfügen, haben Sie die Möglichkeit, bei Einrichtungen wie dem deutschen Goethe-Institut oder
der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) entsprechende Sprachkurse
zu besuchen. Auch der Radiosender Deutsche Welle bietet Sendungen zum Deutschlernen an.
Das Goethe-Institut ist darüber hinaus befugt, Sprachzertifikate nach dem GERR auszustellen.
Sollten Sie über bessere Deutschkenntnisse als Niveau A1 GERR verfügen, weisen Sie bitte
auch diese nach. Nur Deutschkenntnisse ab A2 werden bei Ihrer Integrationsprognose entsprechend berücksichtigt.

Nr. 4 – Integrationsprognose (IP)
Eine weitere Aufnahmevoraussetzung ist, dass Sie in der Bundesrepublik Deutschland selbst
für Ihren Lebensunterhalt sorgen können. Das bedeutet, dass Sie möglichst bald nach Ihrer Einreise einer Erwerbstätigkeit nachgehen können und nicht dauerhaft auf Sozialleistungen des
Staates angewiesen sind. Um eine Feststellung darüber treffen zu können, erstellt das Bundesamt eine sogenannte Integrationsprognose.

Grundlage für die Erstellung dieser Integrationsprognose sind Ihre Angaben in der Selbstauskunft
(Teil Ihres Antrages). Kriterien sind unter anderem Ihre Deutschkenntnisse, Ihre schulischen
und beruflichen Qualifikationen, Ihr Alter und Ihre Berufserfahrung.

Sofern Sie mit Familienangehörigen in die Bundesrepublik Deutschland einreisen möchten, erstellt das Bundesamt eine Integrationsprognose unter Einbeziehung Ihres familiären Umfeldes.
Diese Integrationsprognose trifft dann eine Aussage darüber, ob Ihre gesamte Familie dauerhaft
selbstständig für Ihren Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland sorgen kann. Dabei
werden auch bereits in Deutschland lebende Familienmitglieder mitberücksichtigt.

Nr. 6. – Aufnahmemöglichkeit in einer jüdischen Gemeinde
Das Aufnahmeverfahren für jüdische Zuwandernde aus der ehemaligen Sowjetunion soll vor
allem das jüdische Leben in der Bundesrepublik Deutschland stärken. Daher ist eine Aufnahmevoraussetzung, dass der Nachweis zur Aufnahmemöglichkeit in einer jüdischen Gemeinde im
Bundesgebiet erbracht wird. Es muss für Sie also aus jüdisch- religiöser Sicht die Möglichkeit
bestehen, dass Sie nach Ihrer Einreise in eine jüdische Gemeinde in Deutschland aufgenommen
werden können.

Dazu müssen Sie selbst nicht tätig werden. Das Bundesamt fordert eine entsprechende gutachterliche Stellungnahme von der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST)
an. Diese prüft Ihre Aufnahmemöglichkeit in eine jüdische Gemeinde unter Einbindung der Union
Progressiver Juden (UPJ). Eine Aufnahmeempfehlung wird in der Regel von den jüdischen Organisationen erteilt, wenn die Abstammung von einer jüdischen Mutter, einem jüdischen Vater oder
von einer jüdischen Großmutter vorliegt. Sollte die Empfehlung von ZWST/ UPJ negativ
ausfallen, kann das Bundesamt keine Aufnahmezusage erteilen.

II. Ausschlussgründe

Die Anordnung zur Umsetzung des Aufnahmeverfahrens für jüdische Zuwandernde sieht
Gründe vor, bei denen eine Aufnahme in die Bundesrepublik Deutschland generell ausgeschlossen ist:

a) Sie dürfen in der Vergangenheit nicht schon einmal in einen anderen Staat, wie z.B. Israel
oder die USA, übergesiedelt sein oder sich bereits dauerhaft in Deutschland befinden.

b) Die Aufnahme ist darüber hinaus für Personen ausgeschlossen:
• die in der ehemaligen Sowjetunion eine Funktion ausgeübt haben, die für das kommunistische Herrschaftssystem als bedeutsam galt
(bedeutsame Funktionen für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems sind z.B. hauptamtliche Funktionäre der KPdSU, leitende Mitarbeiter
der Verwaltung, Berufsoffiziere der Streitkräfte, jedenfalls ab dem Dienstgrad eines
Oberstleutnants, oder Angehörige des Geheimdienstes der ehemaligen Sowjetunion)

• die wegen Delikten bestraft wurden, die in Deutschland als vorsätzliche Straftaten
anzusehen sind. Ausgenommen sind dabei Verurteilungen von sowjetischen Gerichten aus politischen Motiven

• die Verbindungen zu kriminellen Organisationen oder terroristischen Vereinigungen
haben oder hatten

• die die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligen oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufrufen oder mit Gewaltanwendung drohen (§ 54 Nr. 5 a Aufenthaltsgesetz).

III. Familienangehörige

Ihre Familienangehörigen können ebenfalls aufgenommen werden. Es wird zwischen
selbst aufnahmeberechtigten und nicht selbst aufnahmeberechtigten Familienangehörigen
unterschieden:

1. Selbst aufnahmeberechtigte Familienangehörige sind alle Familienmitglieder, die
selbst jüdischer Nationalität sind oder von mindestens einem jüdischen Eltern- oder
Großelternteil abstammen und dies durch geeignete Personenstandsurkunden nachweisen können.
Sofern selbst aufnahmeberechtigte Familienangehörige mit Ihnen ausreisen möchten,
müssen diese einen eigenen Antrag stellen. Dies gilt auch für minderjährige Kinder
ohne Altersbeschränkung.

2. Nicht selbst aufnahmeberechtigte Familienangehörige sind alle Familienmitglieder,
welche die jüdische Nationalität bzw. Abstammung von mindestens einem jüdischen
Eltern- oder Großelternteil nicht nachweisen können.
Sofern nicht selbst aufnahmeberechtigte Familienangehörige mit Ihnen ausreisen
möchten, müssen Sie diese in Ihren Antrag mit einbeziehen.

Dabei ist die Einbeziehung nur für Ehegatten und minderjährige, ledige Kinder möglich,
die in häuslicher Gemeinschaft mit Ihnen leben. Außerdem muss bei einer Einbeziehung eines Ehegattens die Ehe bei Abgabe des Aufnahmeantrags bereits mindestens 3
Jahre bestehen. Die Aufnahme und Einreise selbst nicht aufnahmeberechtigter Familienangehöriger ist nur mit dem Hauptantragsteller zusammen möglich.

Alle ausreisewilligen Familienangehörigen müssen selbst Deutschkenntnisse nachweisen, die
mindestens der Niveaustufe A1 GERR entsprechen. Nur bei Kindern, die das 14. Lebensjahr
noch nicht vollendet haben, kann das Bundesamt hiervon absehen, wenn die Einreise vor dem
15. Lebensjahr des Kindes erfolgt. Ausreisewillige Familienangehörige werden auch in die Integrationsprognose mit einbezogen.

Seit 22.04.2020 können volljährige schwerbehinderte Kinder, die im gemeinsamen Haushalt oder
in einer betreuten Einrichtung für Behinderte leben, in einen Antrag einbezogen werden, sofern
sie aufgrund der Behinderung dauerhaft auf Hilfe angewiesen sind und im Familienverbund ausreisen. Auf die Erstellung einer IP wird verzichtet (s. Ziff. VI.).

IV. Nachträgliche Einbeziehung

Familienangehörige können unter bestimmten Voraussetzungen auch nachträglich in einen bestehenden Antrag einbezogen werden. Sie müssen die Veränderungen der zuständigen Stelle
(Auslandsvertretung oder Bundesamt) unverzüglich mitteilen.
Kindern, die zum Zeitpunkt der Antragstellung des Hauptantragstellers noch nicht geboren waren, oder minderjährige, ledige Kindern eines nachträglich geheirateten Ehegattens, die bei der Antragstellung des Hauptantragstellers nicht angegeben werden konnten, kann das Bundesamt bis zum Ablauf
der Gültigkeitsfrist der noch nicht zur Einreise verwandten Aufnahmezusage des Hauptantragstellers
eine Aufnahmezusage erteilen. Die geltenden Voraussetzungen der Anordnung müssen bei der Bescheiderstellung erfüllt sein (z.B. Sprachkenntnisse). Die Einreise muss im Familienverband erfolgen.

V. Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung

Das Aufnahmeverfahren für jüdische Zuwandernde aus der ehemaligen Sowjetunion ist im Bewusstsein der historischen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland entstanden. Aus
diesem Grund gibt es für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung besondere Regelungen:

Bei Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung wird auf die Integrationsprognose und
den Nachweis von Deutschkenntnissen verzichtet.

Hierbei wird für alle vor dem 01.01.1945 im Herkunftsgebiet geborenen Personen widerleglich vermutet, dass sie Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung sind. Angaben und
Nachweise können freiwillig gemacht bzw. beigefügt werden. Personen, die vor dem
01.01.1945 außerhalb des Herkunftsgebietes geboren wurden, können sich auf die Regelung
berufen, sofern sie eine Verfolgung glaubhaft machen können und eine Antragsberechtigung
gegeben ist. Für eine Aufnahme können sich Familienangehörige auf diese Regelung nicht berufen.

Der Beirat Jüdische Zuwanderung hat sich unter Heranziehung des § 1 Bundesentschädigungsgesetzes und des Artikels 2 des Funds der Jewish Claims Conference einvernehmlich auf diesen
Personenkreis verständigt.

VI. Volljährige behinderte Kinder

Volljährige schwerbehinderte Kinder können mit dem Aufnahmeberechtigten gemeinsam aufgenommen werden, sofern sie mit diesem in familiärer Lebensgemeinschaft bzw. in einer Einrichtung für behinderte Menschen leben und dauerhaft auf Hilfe angewiesen sind. Auf die Erstellung einer IP wird
verzichtet.

VII. Nachzug jüdischer Eltern/Elternteile oder jüdischer Ehepartner

Für über 60-jährige jüdische Eltern/Elternteile oder jüdische Ehepartner, von nachweislich in Deutschland lebenden jüdischen Zuwanderern, wird auf die Erstellung einer IP verzichtet.
Bei nachziehenden jüdischen Ehepartnern wird vorausgesetzt, dass die Ehe zum Zeitpunkt der Einreise,
des bereits in Deutschland lebenden Partners, nachweislich bestanden hatte.

VIII. Härtefälle

Das Aufnahmeverfahren sieht auch besondere Regelungen für Härtefälle vor. Diese machen
die Prüfung von Deutschkenntnissen entbehrlich und können vorrangig aus Gründen der Familienzusammenführung geltend gemacht werden.
Ein Härtefall wird angenommen, wenn die Versagung der Aufnahmezusage wegen fehlender Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu einer unangemessenen Härte führt, die
mit dem Zweck der Aufnahmeregelung sowie im Hinblick auf Umstände, die den Erwerb
von deutschen Sprachkenntnissen ausschließen oder in besonderer Weise erschweren, als
nicht vertretbar erscheint.
Sofern Sie einen Härtefall geltend machen wollen, fügen Sie eine Begründung bei und belegen Sie die
Angaben bitte durch entsprechende Nachweise. Das Bundesamt prüft anschließend, ob Ihr Vorbringen als Härtefall anerkannt werden kann oder nicht.

C. Einzelheiten zum Ablauf des Verfahrens

Nachdem wir Sie nun zunächst über die rechtlichen Rahmenbedingungen, über Aufnahmevoraussetzungen, Ausschlussgründe und Härtefälle informiert haben, möchten wir Sie nun näher
mit dem eigentlichen Ablauf Ihres Aufnahmeverfahrens vertraut machen:


I. Antragstellung

Nachdem Sie dieses Merkblatt gelesen haben, können Sie mit dem Ausfüllen Ihres Antrages beginnen.

Antragsformulare erhalten Sie:
- über die deutsche Auslandsvertretung in Ihrem Land ausgehändigt
- auf Wunsch postalisch zugesandt oder
- zum Download auf der Homepage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
https://www.bamf.de/DE/Themen/MigrationAufenthalt/JuedischeZuwanderer/juedischezuwanderer-node.html, wo Sie auch weitere Informationen zum Verfahren nachlesen können.

Eine Antragstellung ist nur an der deutschen Auslandsvertretung in Ihrem Land möglich.

Allgemeine Hinweise zum Ausfüllen der Antragsformulare:

Sie müssen die Antragsformulare in deutscher Sprache ausfüllen oder vor Abgabe übersetzen
lassen.

Als Aufnahmeberechtigter müssen Sie das Antragsformular „Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage/Selbstauskunft“ ausfüllen. Sofern Sie mit Familienangehörigen ausreisen möchten,
müssen alle Familienmitglieder, die selbst auch jüdischer Nationalität sind bzw. von mindestens
einem jüdischen Eltern- oder Großelternteil abstammen, einen eigenen Antrag stellen, also ebenfalls das obige Antragsformular ausfüllen. Dies gilt auch für minderjährige Kinder ohne Altersbeschränkung.

Familienangehörige, die selbst nicht jüdischer Nationalität sind oder nicht von mindestens
einem jüdischen Eltern- oder Großelternteil abstammen, füllen lediglich das Formular
„Selbstauskunft/ Familienangehörige“ aus und werden in Ihren Antrag mit einbezogen.

Nutzen Sie beim Ausfüllen der Anträge bitte unbedingt die Ausfüllhinweise, die das Bundesamt
zu jedem Antragsformular beigefügt hat. Die Ausfüllhinweise erläutern Ihnen zusätzlich einzelne
Fragen und helfen Ihnen, diese zu beantworten.

Dokumente und Unterlagen:

Viele Ihrer Angaben in den Formularen müssen Sie durch entsprechende Nachweise belegen.
Dabei benötigt das Bundesamt für die Entscheidung über Ihre Aufnahme, Ihre Dokumente und
Unterlagen im Original und einer Kopie mit deutscher Übersetzung. Diese können nur von staatlich anerkannten Übersetzungsbüros angenommen werden. Privat angefertigte Übersetzungen
werden nicht akzeptiert.

Urkunden, welche die jüdische Nationalität bzw. Abstammung nachweisen, müssen vor
dem 01.01.1990 ausgestellt sein. Dies gilt auch, wenn Sie die jüdische Abstammung durch Unterlagen Ihrer Eltern oder Großeltern nachweisen wollen.
Das Bundesamt hat eine Auflistung erstellt, die Ihnen dabei helfen soll, alle erforderlichen
Dokumente und Unterlagen zusammen zu tragen. Sie finden die Auflistung in der Anlage zum
Antragsformular „Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage/Selbstauskunft“.

Abgabe Ihres Antrages:

Nachdem Sie alle Antragsformulare in deutscher Sprache ausgefüllt und alle erforderlichen Dokumente und Unterlagen zusammengetragen haben, vereinbaren Sie bitte einen Abgabetermin
für Ihre Antragsunterlagen mit dem/der Mitarbeiter/-in der deutschen Auslandsvertretung.
Bringen Sie zu diesem Termin alle erforderlichen Unterlagen im Original und einer Kopie mit
deutscher Übersetzung mit.

In der Auslandsvertretung wird der/die Mitarbeiter/in die zu den Anträgen vorgelegten Unterlagen sichten und die Echtheit der vorgelegten Dokumente überprüfen. Zu diesem Zweck kann es
notwendig sein, dass Dokumente (z.B. Geburtsurkunde, Inlandspass) zunächst einbehalten
werden müssen. Sie erhalten hierüber eine schriftliche Bestätigung und der/die Mitarbeiter/-in
wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen, wenn Sie ihre Dokumente nach erfolgter Prüfung wieder in Empfang nehmen können. Sollten Dokumente fehlen, wird ein erneuter Termin mit Ihnen
vereinbart, an dem Sie die fehlenden Unterlagen nachreichen können1. In der Regel wird mit
Ihnen auch ein Beratungsgespräch zu Ihrem Antragsverfahren geführt.

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1 An der Botschaft Kiew werden bis auf Weiteres die Anträge unverzüglich an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weitergeleitet. Eine Entscheidung setzt jedoch das Vorliegen aller notwendigen Antragsunterlagen voraus.

Sind Ihre Antragsunterlagen vollständig und geprüft, erhalten Sie eine Eingangsbestätigung. Ihr
Antrag wird von der deutschen Auslandsvertretung an das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge in Nürnberg übersandt.


II. Bearbeitung Ihres Antrages beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Unmittelbar nach Eingang beim Bundesamt wird Ihr Antrag registriert und mit einem Aktenzeichen versehen.

Das Bundesamt prüft die genannten Aufnahmevoraussetzungen und erstellt Ihre Integrationsprognose. Anschließend erfolgt die „Verteilentscheidung“. Dabei richtet sich das Bundesamt nach
dem „Königsteiner Schlüssel“, der die Aufnahmequoten für die Bundesländer definiert. Selbstverständlich versucht das Bundesamt Ihren gewünschten Aufenthaltsort bei der Entscheidung
zu berücksichtigen. Einen Anspruch auf eine wunschgemäße Verteilung haben Sie jedoch nicht.
Maßgeblich sind unter anderem die Aufnahmekapazitäten der einzelnen Bundesländer und der
jüdischen Gemeinden.

Sind alle Aufnahmevoraussetzungen erfüllt, wird ein Aufnahmebescheid erteilt.
Ist dies nicht der Fall, fertigt das Bundesamt einen Ablehnungsbescheid.

III. Zustellung der Aufnahmeentscheidung und Einreise

Die Aufnahmeentscheidung wird Ihnen über die Auslandsvertretung zugestellt. Das Bundesamt übersendet dazu eine Ausfertigung des Originalbescheides und eine Kopie an die zuständige
Auslandsvertretung. Ein/e Mitarbeiter/in der Auslandsvertretung händigt Ihnen das Original persönlich in der Botschaft, gegen Empfangsbekenntnis aus. Über den Termin und die Einzelheiten
der Aushändigung werden Sie gesondert informiert.
Sofern Sie eine bevollmächtigte Person in Deutschland benannt haben, wird dieser die Ausfertigung des Originalbescheides, direkt vom Bundesamt postalisch zugestellt.

Im Falle einer positiven Aufnahmeentscheidung können Sie binnen einem Jahr ein 90-Tage-Visum bei der Auslandsvertretung beantragen. Zur Beantragung des Visums sollten Sie eine Kopie
Ihres Aufnahmebescheides und die im Merkblatt zum Visaverfahren geforderten Unterlagen
mitbringen. Das erteilte Visum berechtigt Sie dann zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland.

IV. Wirksamkeit und Erlöschen der Aufnahmezusage (AZ):

Die AZ ist ein Jahr ab Bekanntgabe wirksam und erlischt, wenn Sie nicht innerhalb dieses Jahres
das Visum beantragen. Eine Verlängerung der AZ durch das Bundesamt ist nur in Ausnahmefällen
bei Vorliegen eines triftigen Grundes (z.B. nachgewiesene längere Krankheit oder kurze
Überschreitung der Frist wegen Beendigung des Wehrdienstes, Studiums o.ä.) möglich.

Eine erneute Antragsstellung ist einmalig nur dann möglich, wenn:

• Ihre AZ bis zum 31.12.2008 abgelaufen ist oder

• Ihre AZ zwischen dem 01.01.2009 bis 31.12.2015 wegen triftiger Gründe (z.B. Krankheit, Pflege von nahen Angehörigen) abgelaufen ist. Triftige Gründe sind glaubhaft zu
machen

• In der Vergangenheit Ihr Antrag als Folge einer nicht ausreichend nachgewiesenen jüdischen Abstammung abgelehnt wurde und wenn sich Ihre Abstammung von einem jüdischen Großelternteil nachweisen lässt

• vor dem 22.04.2020 eine Ablehnung wegen negativer IP erfolgte und aktuell auf eine IP
verzichtet werden kann, bei:
- nachziehenden jüdischen Eltern/Elternteilen und jüdischen Ehepartnern, die über 60
Jahre alt sind oder
- volljährigen schwerbehinderten Kindern, die dauerhaft auf Hilfe angewiesen sind
und im Familienverbund ausreisen.

Die AZ gibt unter „Wohnsitzname in XX“ das Bundesland an, in welches Sie einreisen können.
Mit der im Bescheid angeführten Landesaufnahmestelle sollten Sie sich noch aus Ihrem
Heimatland in Verbindung setzen, damit eine Unterkunft bereitgestellt werden kann.

Die AZ berechtigt nur zur einmaligen Aufnahme. Bei Erlöschen oder Widerruf des Aufenthaltstitels nach der Einreise, ist eine erneute Antragstellung/Aufnahmezusage ausgeschlossen.

Eine Ausreise der nicht selbst aufnahmeberechtigten Familienmitglieder ist nur gemeinsam mit
dem Aufnahmeberechtigten möglich. Die AZ erlischt für die nicht selbst aufnahmeberechtigten
Familienmitglieder, wenn der Aufnahmeberechtigte vor der Ausreise verstirbt oder vor der Ausreise die
Scheidung beantragt bzw. die Ehe geschieden wird.

D. Ihre Mitwirkung im Verfahren

Ihre Mitwirkung ist im Aufnahmeverfahren von entscheidender Bedeutung. Hierzu einige
Hinweise, die Sie bitte beachten sollten:

Ihre angegebene Postanschrift ist maßgeblich für den weiteren Schriftwechsel. Geben Sie
daher bitte eine Anschrift an, die gewährleistet, dass dorthin zugestellte Post Sie erreicht. Eventuelle Änderungen Ihrer Anschrift und Ihrer familiären Verhältnisse (z. B. Geburt eines Kindes,
Eheschließung, Scheidung etc.) teilen Sie bitte immer und unverzüglich über die zuständige
Auslandsvertretung dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit.

Sie haben die Möglichkeit, einen in Deutschland lebenden Verfahrensbevollmächtigten zu benennen. Geben Sie bitte bei der Antragstellung die Anschrift des Bevollmächtigten an.

Geben Sie bei einem Schriftwechsel mit dem Bundesamt bitte immer Ihr Aktenzeichen an.

Füllen Sie alle Formulare in lateinischer und gut leserlicher Schrift aus. Denken Sie auch an mögliche Anlagen wie die „Selbstauskunft/Familienangehörige“ und an alle hierfür notwendigen Dokumente und Unterlagen.
Nachweise wie z.B. Geburtsurkunden, Pässe (Inlands- und Reisepässe), Zeugnisse und Diplome
immer mit Anlagen (z.B. Notenblätter) etc. können nur im Original akzeptiert werden. Bringen
Sie daher alle notwendigen Dokumente/Unterlagen im Original und einer Kopie mit deutscher
Übersetzung zum Abgabetermin mit.
Sie ersparen sich dadurch Zeit und zusätzliche Reisewege.

Machen Sie vollständige und wahrheitsgemäße Angaben. Sollten sich Angaben als unvollständig
oder unwahr herausstellen, kann dies zur Ablehnung Ihres Antrages bzw. zur Rücknahme oder
zum Widerruf einer bereits erteilten Aufnahmezusage führen. Dies kann auch noch nach der Einreise
in Deutschland erfolgen. Eine erneute Antragstellung bzw. Aufnahmezusage ist in diesem Fall ausgeschlossen.

Sollten Sie weitere Fragen haben oder Hilfe benötigen, wenden Sie sich bitte an die Mitarbeitenden der Abteilung für „Jüdische Zuwanderung“ an den betreffenden deutschen Auslandsvertretungen.

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